Samstag, 17. Mai 2008

Buch Suvretta Connection

Seit März 2008 ist mein Buch Suvretta Connection auf dem Markt erhältlich. Bestellt werden kann es über alle Buchhandlungen und die üblichen Onlinequellen. Links finden sich in der Liste nebenan.

Inhalt:
Die Geschichte spielt in der wunderschönen Landschaft des Oberengadins. Gewinnorientierte Investoren wollen aus dem kleinen Flughafen Samedan eine lokale Drehscheibe für den Flugverkehr machen.
Einheimische, Gewerbe und Behörden sind hin und hergerissen. Kann das Engadin profitieren? Wie verhält es sich mit dem Fluglärm und was gibt es für das lokale Gewerbe zu verdienen? Fragen bleiben, Ängste kommen und gehen. Eine kleine Gruppe unter der Leitung eines Biobauern aus dem Fextal wagt den Blick hinter die Kulissen und bringt dabei Unglaubliches an das Tageslicht.
Die Geschichte ist Fiktion, zeigt aber deutlich auf, in welchem Spannungsfeld sich die Einheimischen des wunderschönen Hochtales bewegen. Es gibt viel zu verdienen im Engadin und nicht selten wird mit harten Bandagen um die Pfründe gekämpft. Kleine Intrigen und Grabenkämpfe spielen in der Geschichte genau so eine Rolle, wie die Beschreibung der wunderschönen Landschaft und der besonderen Lebensumstände im Tal.


zum Autor:
Als 1966 Geborener muss ich mich gemäss landläufiger Meinung langsam aber sicher auf die bevorstehende Midlifecrisis vorbereiten. Ich spüre weder ein Zucken in den Zehen noch ein Verlangen nach exotischen Abenteuern aller Art, dennoch erwachte in mir das Gefühl, der Welt etwas mitteilen zu müssen. Daraus entstand diese Wirtschaftskomödie.
Wann immer möglich, reise ich in das im Roman beschriebene Hochtal und verbringe sportliche und besinnliche Stunden am Ufer der Seen oder in den Serpentinen der Berge. Nietzsche war da, Hesse war da und Tilly ist ab und zu auch da.
Uns Drei verbindet weniger das Talent für Dichtung, sondern die Begeisterung für die unglaubliche Landschaft an diesem wunderschönen Flecken in den Bergen.

Lesung vom 2.9.2008 in Dietikon



Leseprobe:

Kapitel 31

Der Computerspezialist, extra aus Chur angereist, hat den Virus schnell lokalisiert. Mit Hilfe einer Analysesoftware, der Rettungsdiskette und viel Spezialwissen, brachte er den Server innert drei Stunden wieder zum Laufen. Claudia Zuber, die noch nicht ahnte, was der Grund des Absturzes war, tippte einen Artikel in ihren privaten Laptop ein.
Der Servicetechniker installierte die neuste Anti-Virensoftware, eine Firewall und überprüfte das System durch Anklicken einiger verseuchten Internetseiten.
«So Herr Stuppan, jetzt könne sie wieder ihre Artikel schreiben und sich in den Pausen bei den verschiedenen Pornoseiten aufgeilen», sagte der Servicetechniker sichtlich schadenfreudig. Jonas Stuppan lief rot an und bat den Herren aus Chur etwas diskreter zu reden. Claudia Zuber schmunzelte und spitzte die Ohren. «Ist ja schon gut», meinte der Servicetechniker, «halten sie die Virenprogramme auf dem neusten Stand und apropos Stand, wenn sie wieder einmal einen Ständer haben und nicht ganz jugendfreie Seiten anwählen, vergessen sie nicht den temporären Speicher zu leeren! Sonst könnte ihre hübsche Mitarbeiterin einmal ganz zufällig und ohne böse Absichten, die von ihnen bevorzugten Seiten einsehen. Ich denke das dürfte für sie etwas peinlich werden». Das Gesicht des Chefredaktors färbte sich dunkelrot, der Techniker verabschiedete sich und die Rechnung über 2545.- Franken inklusive Mehrwertsteuer lag auf dem Pult des Redaktors.
«Über zweitausendfünfhundert Franken oder 30 Jahresabonnemente des Engadiner Anzeigers oder drei meiner Monatslöhne für ein bisschen Selbstbefriedigung - Männer, typisch Männer! Rechnet man 200 Franken für einen Besuch bei einer Prostituierten, dann hätte mein Chef mehr als zwölf Mal richtigen Sex haben können, niemand hätte sich blamiert und ich müsste nicht mühsam auf meinem privaten Laptop den Artikel schreiben - Männer!» Claudia nutzte die Gunst der Stunde und stocherte noch tiefer in der Wunde ihres Chefs herum.
«Ist ja gut», meinte Jonas verlegen und versuchte das Thema zu wechseln. «An welchem Artikel schreiben sie gerade?»
«Reale Partnerinnen haben im Gegensatz zu virtuellen Sexgespielinnen den Vorteil, dass normale Gespräche möglich sind. Mein Schatz Seraina musste gestern für ihren Chef Gian Semadeni abklären, wer den Flugplatz Samedan vom VBS ergatterte. Ohne das Bankgeheimnis zu verletzen, hat mir mein Schatz geraten, der Sache nachzugehen. Ich habe recherchiert und bin auf skandalöse Zusammenhänge gestossen», sagte Claudia nicht ohne Stolz und weckte das Interesse ihres Vorgesetzten. «Fahren sie fort!» «Das ganze Areal des Flugplatzes wurde für den symbolischen Preis von einem Franken an die «Air Corvatsch» verkauft. Gemäss Handelsregister hat die «Air Corvatsch» den Zweck, gewerbliche Flüge zwischen Samedan und der restlichen Welt anzubieten. Das Aktienkapital beträgt sagenhafte 15 Millionen Franken. Im Verwaltungsrat sitzen lauter bekannte Köpfe der Schweizer Wirtschaftselite. Namen wie Karlheinz Grolimund und Beat H. Wäfler fehlen genauso wenig wie die im Engadin bekannten Marc Vionnet und Erika Scherrer. Grund genug zu recherchieren», sprach Claudia Zuber stolz zu ihrem Chef.
«Sie können sich also weiterhin vor dem Bildschirm befriedigen oder an unwichtigen Gemeinderatssitzungen rumsitzen, ihre Praktikantin holt die notwendigen 30 Neuabonnenten um die Rechnung zu bezahlen mit solchen Artikeln locker rein!» Jonas lies sich nicht neuerlich provozieren und lobte seine Mitarbeiterin für die gute Nase. «Machen sie unbedingt weiter und sammeln sie aufgrund der heiklen Thematik genügend Fakten», lobte Jonas, schaltete den Computer aus und verabschiedete sich mit noch immer rotem Kopf in die Mittagspause.


Kapitel 32

«Ach Herr Dr. Baumann, was machen denn Rotarier sonst noch ausser Auenlandschaften zu schützen?», fragte Andri Martinelli, der Gemeindepräsident von S-chanf den Schönheitschirurgen.
«Die Rotariervereinigung versteht sich als Serviceclub und wir versuchen durch unsere Kontakte und unseren Einfluss verschiedenen benachteiligten Personen und Organisationen zu helfen. Weiter werden auch nachhaltige Projekte unterstützt. Darunter fallen zum Beispiel die Revitalisierung der Auenlandschaft und die Instandstellung der Fischtreppe in La Punt». Dr. Baumgartner schienen diese Sätze wie Honig über die Lippen zu gehen. «Mit anderen Worten: Der Filz der Hochfinanz hat ab und zu ein schlechtes Gewissen und erinnert sich seiner Untertanen», konterte der SP-Gemeindepräsident provozierend.
«Ich bestreite nicht, dass gerade im Rotary-Club Suvretta kein Mangel an sehr privilegierten Mitgliedern besteht, aber den Vorwurf der Verfilzung und der Vetternwirtschaft kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen!», antwortete der Schönheitschirurg resolut.
«Entschuldigen sie die Provokation, Herr Dr. Baumann, wenn sie aber wieder einmal Geld in der Portokasse des Serviceclubs übrig haben, könnte ich ihnen eine ganze Liste von sehr nachhaltigen Projekten übergeben. Unsere Gemeinde zählt zu den ärmeren im Engadin», jammerte der Gemeindepräsident nicht ohne Hintergedanken.
«Na, na Herr Gemeindepräsident, mir kommen die Tränen. Ich schätzte natürlich ihre Unterstützung beim Kauf des Grundstückes für meine Schönheitsklinik sehr, möchte aber auch betonen, dass in Zukunft von meiner Seite einiges an Steuergeld in die Gemeindekassen fliessen wird. Doch seien sie beruhigt, selbstverständlich werde ich den einflussreichen Kollegen im Rotary-Club von der einmaligen Lage ihrer Gemeinde und dem zuvorkommenden Service bei Baubewilligungen und Behördenkram erzählen. So sucht zum Beispiel Gianni Donnati seit Längerem eine alte Engadiner Liegenschaft mit Stallungen, die er als Sommersitz ausbauen möchte. Ich bin sicher, dass sie ihm beim Kauf und der Umgehung der Lex Koller, oder wie die Ausländerbeschränkung jetzt heisst, behilflich sein könnten. Er wird das zu schätzen wissen und mit seiner Stimme eines ihrer angesprochenen Projekte unterstützen».
Im Kopf des Gemeindepräsidenten drehten sich die Gedanken und ihm kamen spontan etwa ein Dutzend mögliche Konzepte in den Sinn. Wenn der Rotary Club eines dieser unterstützen würde, bliebe er in der Gemeinde unsterblich.
Dr. Frank Baumann wusste, dass er den Gemeindepräsidenten überzeugt hatte und verliess zufrieden mit den bewilligten und vom Vorsitzenden persönlich unterschriebenen Bauunterlagen für die Klink in S-chanf die Chesa Comunela.


Kapitel 33

«Aufwachen!», lautete die Überschrift des heutigen Leitartikels von Jonas Stuppan. Der Redaktor versuchte mit diesem Ausrufezeichen das Tal aufzuschrecken und stellte die Umwandlung zweier bekannter Hotels in St. Moritz zu Zweitwohnungen an den Pranger.
Flugverkehrsleiter Heiniger sass in der Flughafenbeiz und studierte die Zeitung in Ruhe. Die Wolkenuntergrenze erlaubte mindestens bis Mittag keinen Flugbetrieb in Samedan. Jetzt begann es zu Regnen und auch die Kollegen der REGA hofften am Stammtisch auf einen unfallfreien Tag.
«Na Rolf, was denkst du zum Artikel von Jonas?», fragte der Helikopterpilot und pickte zu Rolfs Ärger das letzte Hefegebäck aus dem Teller. Bevor der Flugverkehrsleiter antworten konnte, rief Hans der Meteorologe mit lauter Stimme Richtung Küche: «Flurina, das schlechte Wetter bleibt bis mindestens 3 Uhr mittags, backe noch eine Wagenladung Hausspezialitäten!»
Rolf nickte zustimmend und beantwortete die Frage des Heliskippers: «Jonas liegt schon richtig. Mit dem Verkauf der Wohnfläche machen die Besitzer genau einmal ein Riesengeschäft. Die weiteren Kosten bezahlt das Tal. Hotelgäste bleiben aus und Geschäfte und Bergbahnen bleiben leer, da die neuen Besitzer in der Regel durchschnittlich zwei Wochen pro Jahr im Tal weilen. Der ganze Rest des Jahres stehen die Wohnungen dann verwaist da».
«Weniger Touristen – weniger Unfälle – weniger Heliflüge – mehr Nussgipfel – mehr Übergewicht! Kannst dir jetzt schon einen grösseren Overall bestellen!», meinte die Wirtin zum REGA-Mitarbeiter und stellte die noch warmen Köstlichkeiten lachend auf den Tisch.
«Warum bauen die dann wie blöde den Flughafen um, wenn weniger Gäste ins Engadin kommen?», warf ein anderer Stammtischgast die Runde. «Gute Frage! Wir Kleinen werden doch einmal mehr über den Tisch gezogen», meinte ein anderer und die Diskussion war damit geschlossen.
Rolf las weiter und jedes Mal, wenn er das Wort «Silvaplana» erblickte, kam ihm Sandrine in den Sinn. Seine Gedanken waren seit jenem Abend fast ununterbrochen bei der schönen Serviertochter vom Lake Lodge Hotel. Er war in den letzten Jahren ganz zufrieden mit dem seinem Liebesleben. Kein Beziehungsstress, ab und zu ein «one-night-stand» mit einer Touristin und viel Zeit seinem Hobby Sport zu frönen.
Nachdem er aber Sandrine das erste Mal sah, scheinen all seine Prioritäten durcheinander geraten zu sein.

Seite 2 des Engadiner Anzeigers war für die amtlichen Publikationen reserviert. St. Moritz baute einen neuen Kreisel, Celerina will seinen Wohnungsbau kontingentieren, Pontresina zont ein ganzes Quartier um und Silvaplana, – dort wo Sandrine wohnt –, bewilligt einem Mitbürger mit chinesischem Namen den Einbau eines Dachfensters.
Die Auenlandschaft ist gerettet, meldet Zuoz und der ganze Kanton freut sich über den neuen Internetnamen graubünden.ch». Rolf blätterte weiter und streckte sich nach einem warmen Nussgipfel. Plötzlich tingelte der Piepser und die Nachricht, IFR TRAFFIC APPROACHING – LANDING IN 30 MINUTES, erschien auf dem Display.
«Scheisse», dachte Rolf und machte sich auf zu seinem Arbeitsplatz. «Sind die Anflugverfahren schon publiziert?», fragte Rolf seinen Vorgesetzten gereizt. «Nein», kommentierte dieser, «aber das BALF will den gekröpften Anflug via Bernina einmal bei schlechtem Wetter ausprobieren».
«Die Zeiten von Kaffee, Zeitung und Süssigkeiten bei tiefer Wolkenuntergrenze scheinen bald vorüber zu sein», murmelte Rolf und nahm seinen Platz im Tower ein. Draussen regnete es in Strömen und er beobachtete eine gut eingepackte Bikerin, die völlig verschmutzt von Celerina her kommend Richtung Flughafenbeiz fuhr, während sich der Jet über dem Piz Bernina beim Tower meldete. Die Kommunikation zwischen Pilot und Luftverkehrsleiter begann in gewohnt professioneller Manier, bei absolutem Minimumwetter setzte der Pilot die Maschine fein auf der Landebahn auf und Rolf begann das vom BALF verlangte sechsseitige Formular auszufüllen. Er brauchte drei Anläufe und als er endlich wieder im Restaurant ankam, kaute der BALF-Pilot auf dem letzten Nussgipfel herum und Flurina informierte Rolf, dass sie gerade eine völlig verdreckte Bikerin aus Silvaplana weggewiesen hat, die sich nach ihm erkundigte.
«Bravo», schimpfte Rolf, verliess das Restaurant und rief Serge von der Lake Lodge an, um die Handynummer von Sandrine zu erbetteln.